Jürgen Handke: Handbuch Hochschullehre Digital: Leitfaden für eine moderne und mediengerechte Lehre.

Rezensent: Dirk Jahn, FBZHL
Originalliteratur:
Jürgen Handke: Handbuch Hochschullehre Digital: Leitfaden für eine moderne und mediengerechte Lehre. Marburg (Tectum Verlag) 2015, ISBN 978-3828834194, 198 Seiten, EUR 16,95.
Quelle der Rezension:
Wilbers, Karl (Hrsg.): Handbuch E-Learning. 66. Erg.-Lfg. Dezember 2016 www.personalwirtschaft.de/elearning


Jürgen Handke, prominenter Experte der digitalen Hochschullehre, hat ein neues Buch veröffentlicht, in dem er praktische Einblicke in die Erstellung digitaler Lehr-Lernszenarien erlaubt und sein Betriebsgeheimnis lüftet. Das Handbuch ist vorrangig an pädagogische Professionals aus dem Hochschulkontext gerichtet, die an der konkreten und pragmatischen Konzeption digitaler Lehr-Lern-Arrangements interessiert sind – oder sich dafür noch überzeugen lassen wollen.
Zum Auftakt bespricht Handke relevante Thesen und Empfehlungen zur Digitalisierung, auf die er sich später im Buch immer wieder beruft. Learning is not just video! heißt es da, oder die Didaktik muss die Technologie führen. Es folgt eine Beschreibung der Ausgangslage an deutschen Hochschulen im Hinblick auf die Digitalisierung der Lehre. Die Studierenden mit ihren veränderten Lern- und Medienbedürfnissen werden dabei auch in den Blick genommen. Sie wollen bzw. brauchen gut gemachte Multimedia-Arrangements zum effektiven Lernen, folgert der Autor. Viele Lehrenden aber würden eher altmodische, tradierte Lehr-Lernformen fortsetzen, obwohl sie die Möglichkeiten dazu hätten, es anders und besser zu machen.
Um das genauer zu veranschaulichen, beschreibt Handke beispielhaft den Ablauf des klassischen Lehrbetriebs mit seinen Vorlesungen, Seminaren, PowerPoint-Präsentationen, Übungsblättern, Leseaufträgen, Sprechstunden und MC-Tests, bei denen der Lehrende im Präsenzunterricht meist das Zentrum des Geschehens bleibt. Als lehrendenzentriert, repetitiv, intransparent, nicht individuell und sehr aufwändig beschreibt Handke diese Lehrtradition. In den folgenden Kapiteln zeigt er deshalb anschaulich auf, wie sich die Lehr-Lernaktivitäten digitalisieren und dabei auch verbessern lassen. Zentrales Medium ist dabei das Lehrvideo, das für Handke bei geschickter didaktischer Einbettung etliche Vorteile für den Lernerfolg schafft. Es folgt eine ausführliche Systematik und Verortung zu verschiedenen Arten von Lehrvideos, z. B. nach Aufnahmeort (z. B. Office oder Studiosetting), Spieldauer (Micro vs. Macroteachingvideos) oder Inhaltspräsentation (z. B. mit Sprecherbild/ohne Sprecher). Reine Vorlesungsmitschnitte schneiden aus didaktischer Sicht hier sehr schlecht ab. Das probate Videoformat der Wahl aber, mit dem größten didaktischen Mehrwert und einem überschaubaren Produktionsaufwand, sind für Handke kürzere bis sehr kurze, didaktisch gut durchdachte Erklärvideos, z. B. in Form von Screencasts, die im Büro ohne größeren (technischen) Aufwand produziert werden können. Wie das genau geht, welches Equipment benötigt wird und was es kostet, wie viel Zeit die Produktion in Anspruch nimmt oder worauf zu achten ist, wird ausführlich behandelt. Außerdem erklärt Handke auf ganz konkreter, praktischer Ebene, wie Videos mit weiteren digitalen Elementen wie E-Assessments oder Lerntagebüchern verbunden und online eingebettet werden können, damit es den Lernenden optimal ermöglicht wird, sich die Inhalte im Selbststudium effektiv zu erschließen. Diese Art des Selbststudiums führt dazu, dass im Präsenzunterricht dann gezielt Fragen geklärt, Wissen vertieft oder Inhalte angewendet werden können (Stichwort: Inverted Classroom). Die zehrende, sich immer wiederholende und zeitliche aufwendige Inhaltsvermittlung entfällt somit. Zur Neugestaltung des Präsenzunterrichts gibt Handke etliche Anregungen und zeigt, wie auch hier digitale Werkzeuge wie z. B. mit Audience Response Systems spielerisch eingebaut werden können. Das Buch endet mit einer interessanten Sammlung zu Lehrvideos, abrufbar über Scancode.
Der Leser bekommt mit dem Handbuch eine komprimierte, anschauliche und sehr praktische, praxisorientierte Einführung in videogestützte Lehr-Lernsettings, die vor allem auf kognitive Wissensvermittlung und -sicherung abheben. Handlungsorientierte Ansätze aber, Differenzierungen nach fachspezifischen Lehr-Lernansätzen und –kulturen oder eine Auseinandersetzung mit Lerntheorien kommen hingegen etwas zu kurz in der Darstellung.