„Studieren mit Profil“ – ein umfassendes Lernsetting zur Förderung von Selbstkompetenzen bei Studierenden

Kurzinfos_FBZHL_21-2014-ZFHE-2012-4-42
Aus der Reihe: Schriften zur Hochschuldidaktik. Beiträge und Empfehlungen des Fortbildungszentrums Hochschullehre der Friedrich-­Alexander Universität Erlangen-Nürnberg.

Isa Hübel, Universität Koblenz-Landau

Quelle

Zeitschrift für Hochschulentwicklung (FZHE), Jg. 7 / Nr. 4 (Oktober 2012), S. 42-49
http://www.zfhe.at/index.php/zfhe/article/view/458
Dipl. Päd. Isa Hübel (Kompetenzzentrum für Studium und Beruf, Projektmitarbeiterin ‚Studieren mit Profil‘, Universität Koblenz-Landau)
Dr. Tobias Seidl (heute Leiter der Stabsstelle Hochschuldidaktik, Hochschule der
Medien Stuttgart, zuvor Geschäftsführung ISWZ, Universität Koblenz-Landau)
Weitere Infos zum Projekt unter
https://www.uni-koblenz-landau.de/de/kompetenzzentrum/kernangebote-ksb/studieren-mit-profil

Problembeschreibung / Zieldefinition

Die aktuell vieldiskutierte Selbstkompetenz von Studierenden ist ein wichtiger Bestandteil der Hochschulbildung; eigene Potenziale und Ressourcen zu erkennen und mit ihnen zu arbeiten ist eine zentrale akademische Fähigkeit in der heutigen Wissensgesellschaft. Eine ebenso essentielle Kompetenz besteht darin, sich selbst zu organisieren, zu motivieren und sein eigenes Handeln an einem Ziel auszurichten. Dies sind überfachliche Fähigkeiten, die bereits während des Studiums bedeutsam und im Berufsleben unverzichtbar sind.
An der Universität Koblenz-Landau wird ein Zwei-Fach-Bachelor-Studiengang angeboten, der diese Kompetenzen direkt und indirekt fördert und fordert: Hier werden viele Kombinationsmöglichkeiten der Studienfächer angeboten. Diese Wahlfreiheit erfordert bei den Studierenden noch mehr Selbstverantwortung und Selbstkompetenzen als in herkömm­lichen Studiengängen.
Ergänzt wird die individuelle Fächerkombination durch einen überfachlichen Kompetenzbereich, in dem Soft Skills wie Selbstreflexivität, Selbstorganisation und Schlüsselkompetenzen (z. B. Präsentationstechniken) auf verschiedene Arten gefördert werden und damit zu einer individuellen Profilbildung der Studierenden beitragen.
Das Projekt „Studieren mit Profil“ (SmP), ein Coaching- und Betreuungsprogramm im Rahmen des Zwei-Fach-Bachelors, beinhaltet ein umfassendes und innovatives Konzept zur individuellen Förderung der studentischen Selbstkompetenzen.

Herangehensweise / Lösungsansatz

Die Maßnahme wurde an der Universität Koblenz-Landau mit sechs ECTS als Pflichtbestandteil des Studiums eingeführt. Es handelt sich um ein neues Modell curricular verankerter studienphasengerechter Coachings mit beratenden Anteilen. Die Studierenden nehmen an Schlüsselstellen ihres Studiums (Studieneingangsphase, zur Begleitung der Praktika und in der Studienabschlussphase) an Coachings teil. Neben diesen verpflichtenden Coachings können die Studierenden offene Sprechstunden und zusätzliche „Optional“-Coachings bei Bedarf in Anspruch nehmen. Diese Mischform sorgt dafür, dass neben der institutionalisierten Betreuung auch Aspekte wie Freiwilligkeit und Bedarfsorientierung zum Tragen kommen, die als Grundlagen eines erfolgreichen Coachingprozesses gelten.

Im Folgenden werden die einzelnen Bestandteile des Lernsettings vorgestellt: In einer Einführungsveranstaltung zu Beginn des Semesters lernen die Studierenden Inhalt, Ablauf und Zielsetzung des Programms kennen und werden in die Arbeit mit dem Kompetenzportfolio eingeführt. Dieses dient zum einen der Selbstreflexion und dem Ausarbeiten von Studien- und Berufszielen, zum anderen der Selbst- und Fremd-einschätzung der während des Studiums erworbenen Kompetenzen. Die Bestandteile des Portfolios sind (für eine genauere Darstellung siehe Originaltext):

  • Basisinformationen zur Person
  • Fragebogen zur überfachlichen Kompetenzentwicklung
  • Leitfragen zur Reflexion der eigenen Kompetenzen
  • Interviewleitfäden zur Fremdeinschätzung in verschiedenen Kompetenzbereichen
  • Leitfragen zur Reflexion der persönlichen Ziele in Studium und Beruf
  • Arbeitshilfen zur Planung des Studienverlaufs (Inlands- und/oder Auslandspraktikum, Auslandssemester, Anschlussmöglichkeiten )
  • Leitfragen zur Vor- und Nachbereitung des Praktikums

Insbesondere die Selbsteinschätzung bezüglich der eigenen Kompetenzentwicklung der Studierenden spielt eine große Rolle, da hierdurch ein individueller und zielorientierter Studienverlaufsplan gemeinsam erarbeitet werden kann.

Das Portfolio diente zudem als Grundlage für den Coachingprozess. Hier haben die Studierenden die Gelegenheit, ihre Selbsteinschätzung mit professioneller Unterstützung zu reflektieren und weitere Ziele, Förderungsmöglichkeiten und Entwicklungs-ziele herauszuarbeiten.
Weitere Bestandteile des Gesamtprogramms sind eine kompetenzorientierte Praktikumsbegleitung und Workshops rund um die zentralen Themen der Endphase des Studiums und des Berufseinstiegs.

Aufwand

An der Universität Koblenz-Landau wurden für das Projekt eigens 2,5 Stellen eingerichtet, die derzeit ca. 500 Studierende betreuen. Der personelle Aufwand muss entsprechend geplant und kapazitätengerecht realisiert werden.
Dabei gilt es jedoch zu bedenken, dass bei erfolgreicher Durchführung positive Effekte eines solchen Betreuungsmodells auf verschiedenen Ebenen zu erkennen sind:

  1. Nachhaltige Verbesserung der Studierendenzufriedenheit und
    des Studienerfolgs
  2. Wertvolle Rückmeldungen für die Studiengangs- und Hochschulentwicklung aus der Praxis
  3. Anknüpfungsmöglichkeiten an außeruniversitäre Modelle der Personalentwicklung und damit Förderung einer stärkeren Vernetzung

Art der Evaluation, Erfolgsfaktoren und Resultate

Das Programm der Universität Koblenz-Landau wurde Ende 2013 im Rahmen einer Erhebung in Teilen evaluiert. Die Daten werden derzeit ausgewertet

Empfehlungen

Um einen Coaching- und Beratungsprozess im Rahmen des regulären Studiums zu ermöglichen, ist die curriculare Verankerung der Instrumente, (z. B. Coaching an Schlüsselstellen im Studium, Arbeit am Portfolio) zu empfehlen. Nur unter dieser Bedingung kann gewährleistet werden, dass alle Studierenden in Kontakt mit den Fachkräften kommen und dadurch Impulse zur Selbstreflexion erhalten. Grundlage eines erfolgreichen Coachingprozesses ist natürlich auch die fachliche Eignung der Projektmitarbeiterinnen, um die Coachings auf der Grundlage systemischen und lösungsorientierten Arbeitens professionell zu gestalten.

Verallgemeinerbarkeit

Das im Projekt angewandte Methodenpaket lässt sich auch auf andere Studiengänge übertragen und ist nicht an bestimmte Fächer und Disziplinen gebunden.