11. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung
Das Fortbildungszentrum Hochschullehre der FAU war vom 7.-8. April 2016 in München auf der 11. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung vertreten. Prof. Karl Wilbers, Sprecher des FBZHL, hielt dort gemeinsam mit Franziska Zellweger von der Pädagogischen Hochschule Zürich einen Vortrag zum Thema Anforderungen an laterale Führung in der Mitte von Hochschulen.
Aus der Fülle von interessanten Beiträgen kann hier naturgemäß nur ein kleiner Teil vorgestellt werden. Der Schwerpunkt der Tagung lag auf dem Thema Neue Formen der Governance in Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Prof. Karl Wilbers beschrieb in einer ersten Session die laterale Führung im Hochschulkontext. Laterale Führung meint dabei die Führung von Kolleginnen und Kollegen auf ein Arbeitsziel hin. Dabei besteht jedoch keine direkte Führungsbeziehung. Ein schönes Beispiel für diese Führungsstrukturen stellen die Studiengangleiter dar. Franziska Zellweger präsentierte für den Schweizer Kontext ein bereits mehrfach durchgeführtes Fortbildungsprogramm speziell für diese Zielgruppe.
Die Präsentation zum Vortrag von Prof. Dr. Wilbers und Dr. Zellweger finden Sie hier.
Dagmar Simon, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, stellte ein Forschungsprojekt vor, in der Präsidenten verschiedener Universitäten befragt wurden. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Frage, wie Präsidenten versuchen, eine Profilierung ihrer Universitäten zu erreichen und ob dies wirklich zu ihrem Programm gehört. Unterschieden wurden drei Typen, die Traditionalisten, die Gestalter und die Macher. Die Traditionalisten tarieren die unterschiedlichen Interessen aus, gestalten aber wenig. Den Gestaltern wurde mehr Verständnis für die verschiedenen Fächerkulturen sowie eine Nähe zu dem New Public Management zugeschrieben.
Eine weite Session beschäftige sich mit dem Qualitätsmanagement. Auch hier wurden zahlreiche Daten präsentiert, die sich aus Befragungen von Qualitätsmanagern ergaben. Die Hauptthese schien darauf hinaus zu laufen, dass Qualitätsmanager eine Menge Daten erheben, dass sie aber keinen Einfluss darauf haben, welche Konsequenzen aus diesen Daten gezogen werden und dass sie sich hier wesentlich mehr Einfluss erhoffen. Sie scheinen sich dies bis hin zu Sanktionsmöglichkeiten gegenüber einzelnen Professuren zu wünschen.
Weitere Beiträge beschäftigen sich damit, welche learning outcomes in der Qualitätssicherung nachgewiesen werden sollten. Edith Braun, Universität Kassel, stellte verschiedene Verfahren vor, wie Kompetenzerfassung möglich sei. Diese reichen von der Selbsteinschätzung der Studierenden über den Job Requirement Approach bis zu schriftlichen Leistungstests. Dabei wurde deutlich, dass die Bildungsziele das Verfahren bestimmen sollten. Auch die von den Akkreditierungsagenturen geforderten Absolventenstudien, die meist auf den Verbleib der ehemaligen Studierenden zielen, wurden anhand eines Beitrags von Susanne Falk, Bay. Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung, thematisiert.
Sehr interessant war die Keynote von Georg Krücken. Er ist Vorsitzender der Gesellschaft für Hochschulforschung und hat in Kassel eine Professur für Hochschulforschung. In seinem Beitrag ging es um die Transformation von Hochschulen in Wettbewerbsakteure. Er arbeitete heraus, dass Wettbewerb in den Hochschulen eine hohe Legitimation habe, da auf der individuellen Ebene viele Professoren insbesondere auch im naturwissenschaftlichen Bereich in einer Konkurrenzsituation zueinander stünden. Der Wettbewerb habe also eine hohe Anschlussfähigkeit. Im Fall der Hochschulen werde der Wettbewerb durch den Staat eingeführt, was auch dazu führe, dass die Organisation Universität sich vermehrt selbst beobachten müsse. Allerdings treffe dieser Wettbewerb der Hochschulen auf eine universitäre Struktur, die durch eine dezentrale und professorale Steuerung gekennzeichnet sei. Diesen gegenüber gäbe es nur geringe Sanktionsmöglichkeiten. Und ihre Loyalität folge vielmehr der Reihenfolge von Scientific Community – eigener Fachbereich – Universität. Kritisch wurden dabei mögliche negative Effekte wie die Bürokratisierung oder auch die Reduzierung der Kreativität betrachtet.
Was bedeuten solche Erkenntnisse für die Hochschullehre und insbesondere die Hochschuldidaktik? Insbesondere die Hochschullehre wurde kaum in diesem Rahmen beleuchtet. Das überrascht umso mehr als sie neben der Forschung ja einen zentralen Bereich der Tätigkeit von Hochschulen darstellt. Dies spiegelt wohl die immer noch starke Ausrichtung der Universitäten auf die Forschung aus, bei der die Lehre gleichsam nur nebenher läuft. Die Etablierung der neuen Formen der Governance an den Hochschulen, insbesondere die Orientierung am New Public Management, seit den neunziger Jahren zeigt sich hier interessanterweise als sehr widersprüchlich wirkendes Instrument. Gerade die mit dem New Public Management eigentlich möglich gewordene Orientierung an den Studierenden als Kunden wurde so gut wie nicht umgesetzt. Und daher bleibt das Engagement für eine gute Lehre nach wie vor an die Initiative zahlreicher engagierter Dozierender gebunden. Deren Situation bleibt angesichts der zahlreichen widersprüchlichen Anforderungen an ihre Rolle wie auch angesichts ihrer unsicheren beruflichen Zukunftsaussichten prekär. Die Hochschuldidaktik wird gut daran tun, diese Situation zu reflektieren, und sie im Rahmen hochschuldidaktischer Ausbildungen aufzugreifen.