Die Visualisierung didaktischer Konzepte mit der Storyboarding-Methode

Kurzinfos_ZiLL_2015-27_Storyboarding
Aus der Reihe: Schriften zur Hochschuldidaktik. Beiträge und Empfehlungen des Fortbildungszentrums Hochschullehre der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg.
Rainer Knaufa, Yoshitaka Sakuraib, Setsuo Tsurutab, Klaus P. Jantkec
a Technische Universität Ilmenau
b Tokyo Denki Universität, Japan
c Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie, Erfurt

Quelle

Knauf, R., Sakurai, Y., Tsuruta, S., & Jantke, K. P. J. (2010). Modelling didactic knowledge by storyboarding. Educational Computing Research, 42 (4), 355-383.

Problembeschreibung / Zieldefinition

Das didaktische Wissen von Hochschullehrenden ist oftmals nur implizit vorhanden. Um die didaktische Vorgehensweise von Lehrenden optimieren und hinsichtlich ihrer Qualität beurteilen zu können, ist es notwendig, die didaktischen Konzepte zu explizieren, das heißt grafisch darzustellen.
Die Visualisierung didaktischer Konzepte kann – wie in diesem Beispiel vorgestellt – nach dem Prinzip des Storyboarding erfolgen. Die anschließende Analyse und Optimierung didaktischer Konzepte kann nicht nur durch Betrachtung und Diskussion des visualisierten didaktischen Konzepts, sondern auch computergestützt durchgeführt werden.

Herangehensweise / Lösungsansatz

Das Storyboarding kommt eigentlich aus der Theater- und Filmindustrie und ist eine Methode, die verschiedenen Szenen und Episoden eines Stücks graphisch darzustellen. Es kann aber auch verwendet werden, um didaktische Konzepte zu visualisieren, also die verschiedenen Stufen und Wege eines Lehrprozesses, wie sie etwa durch eine Vorlesung angeregt werden sollen, grafisch darzustellen.
Das Storyboard besteht aus einer Hierarchie von gerichteten Graphen. Diese verbinden die Knoten des Storyboards, die Szenen und Episoden genannt werden.
Mit der Storyboarding-Methode kann sowohl das didaktische Konzept einzelner Lehrveranstaltungen als auch das eines ganzen Studiums visualisiert werden. Einige Knoten sind obligatorisch und folgen aufeinander, z. B. die verschiedenen Sitzungen einer Vorlesung. Andere sind optional, etwa das Vorstellen eines Beispiels in einer Lehrveranstaltung, falls der Lernstoff noch nicht verstanden wurde.
Vorteile eines Storyboards im Sinne der Autoren sind:

  • Seine Klarheit bei der Visualisierung didaktischer Modelle, die keinen Spielraum für missverständliche Interpretationen des Lehrmodells lässt.
  • Seine leichte Verständlichkeit, weil das Storyboard aus einer begrenzten Anzahl wiederkehrender Elemente besteht.
  • Seine Anschaulichkeit, weil es den vorgesehenen Lernweg als Grafik darstellt und man sowohl die obligatorischen als auch die optionalen Wege durch ein Storyboard darstellen kann.
  • Es kann auch von Benutzern ohne IT-Kenntnisse erstellt werden.
  • Es kann jede erdenkliche Form von potentiellen Lernaktivitäten dargestellt werden und ist somit fächerübergreifend einsetzbar.

Für das Anlegen von Storyboards ist prinzipiell keine spezielle Software erforderlich. Es empfiehlt sich jedoch die Verwendung darauf zugeschnittener Programme wie Microsoft Visio. Derartige Software weist den Vorteil auf, dass etwaige logische Fehler im Storyboard automatisch erkannt werden.
Ein beispielhaftes Storyboard für eine Vorlesung, in der die Methode eines sogenannten conceptests eingesetzt wird (vgl. hochschuldidaktische Kurzinformationen Nr. 14.2014), ist in der folgenden Abbildung zu sehen.


Abbildung 1: Beispiel für ein Storyboard zum Ablauf einer Lehrveranstaltung, in der Conceptests verwendet werden. Das sind Multiple-Choice-Fragen, die das Verständnis von Studierenden für grundlegende Konzepte einer Lehreinheit überprüfen.
Ein besonderes Potential des Storyboardings besteht darin, dass es möglich wird, den Verlauf von Lehrveranstaltungen oder ganzen Studiengängen grafisch darzustellen und dynamisch an die Teilnehmer anzupassen. So kann der Autor eines Storyboards festlegen, welche Wege und Szenen für alle Teilnehmer obligatorisch und welche optional sind (z.B. Übungsklausuren).
Eine weitere Möglichkeit zum Einsatz von Storyboards eröffnet sich bei der Gestaltung von Informationsmaterial zu Modulplänen von Studiengängen. So lassen sich die verpflichtenden und optionalen Wege in einem Studiengang und die „Verästelungen“ im Studienverlauf übersichtlicher darstellen, als dies mithilfe von Texten oder Tabellen möglich wäre.

Aufwand

Je nachdem, ob ein Storyboard für eine einzelne Lehrveranstaltung oder für ein gesamtes Semester erstellt wird, variiert der Aufwand für seine Erstellung stark. Auch die Komplexität des modellierten Inhalts bestimmt den Aufwand bei der Erstellung mit.
Da jedoch die Aufgaben, zu deren Lösung das Storyboard beitragen kann, unabhängig vom Einsatz dieses Werkzeugs anfallen und gelöst werden müssen, ist der Zusatzaufwand insgesamt als nicht allzu hoch zu bewerten.

Art der Evaluation, Erfolgsfaktoren und Resultate

Um zu prüfen, ob der Einsatz von Storyboards in der Hochschuldidaktik sinnvoll erscheint, und um zu prüfen, ob man die Methode auch ohne IT-Spezialkenntnisse sinnvoll anwenden kann, wurde die Methode in einem fächerübergreifenden Seminar an der TU Ilmenau eingesetzt.
Auch wenn die Methode des Storyboarding für Lehrende konzipiert ist, wurde zur Überprüfung der Anwendbarkeit der Methode eine Studierendenstichprobe herangezogen. Die Studierenden entwickelten in Kleingruppen ein Storyboard für ein Thema ihrer Wahl, beispielsweise wurde ein Erste-Hilfe-Kurs geplant.
Es zeigte sich, dass alle Gruppen erfolgreich bei der Entwicklung ihres Storyboards waren. Da die Studierenden in dem vorliegenden Beispiel alle erfolgreich mit der Methode des Storyboarding arbeiteten, ist davon auszugehen, dass auch Lehrende diese Methode effektiv nutzen können.

Empfehlungen

Die Methode des Storyboarding eignet sich insbesondere für Neulinge in der Lehre, da es für sie besonders gewinnbringend ist, das didaktische Design ihrer Lehre durch Visualisierung zu explizieren. Die Methode des Storyboarding kann jedoch auch von erfahrenen Lehrenden für die Reflexion ihres didaktischen Designs eingesetzt werden.

Verallgemeinerbarkeit

Die Methode des Storyboarding wurde von Lehrenden aus technischen Studiengängen entwickelt und dürfte für Lehrende dieser Studiengänge vermutlich besonders naheliegen. Wie die Evaluationsergebnisse nahelegen, kann die Methode jedoch offensichtlich auch in anderen Studiengängen gewinnbringend eingesetzt werden.